Geflüchtete aus Ukraine: Angebot für Gesundheitsuntersuchung wird deutlich ausgeweitet
Gesundheitsministerium und Landeskrankenhausgesellschaft schließen Rahmenvertrag – 28 Krankenhäuser beteiligen sich
Geflüchtete aus der Ukraine sollen möglichst wohnortnah ein Angebot für eine erste Gesundheitsuntersuchung sowie für Schutzimpfungen erhalten. Dafür haben das Brandenburger Gesundheitsministerium und die Landeskrankenhausgesellschaft einen Rahmenvertrag abgeschlossen, dem landesweit mindestens 28 Krankenhäuser beitreten wollen. Damit wird das Angebot für eine ärztliche Untersuchung angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen landesweit deutlich ausgeweitet. Besonders bei Kindern und Jugendlichen soll dabei der allgemeine Impfstatus überprüft und bei Bedarf eine Masernimpfung angeboten werden. Für den Besuch von Kitas und Schulen muss in Deutschland eine Masernimpfung verpflichtend nachgewiesen werden.
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die zuerst in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZABH) aufgenommen werden, erhalten eine medizinische Erstuntersuchung auf übertragbare Krankheiten im Krankenhaus in Eisenhüttenstadt. Für sie ist eine Erstuntersuchung nach § 62 Asylgesetz verpflichtend. Viele Kriegsflüchtlinge werden aktuell aber direkt bei Freunden, Bekannten und Verwandten oder bei ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern privat untergebracht. Für diese Geflüchteten besteht zunächst keine Pflicht für eine Erstuntersuchung. Um eine mögliche Ausbreitung von ansteckenden Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Tuberkulose oder Polio zu verhindern, erhalten diese Personen ein Angebot für eine Erstuntersuchung auf freiwilliger Basis. Termine für diese Untersuchung in teilnehmenden Krankenhäusern sollen in Abstimmung mit den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten vermittelt werden. Das Angebot soll noch in dieser Woche starten.
Gegenstand der Rahmenvereinbarung ist die Durchführung der Erstuntersuchung auf übertragbare Krankheiten einschließlich einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane (entsprechend den Vorgaben nach § 62 Asylgesetz). Das Röntgen ist ein Hilfsmittel zur Diagnose einer Lungentuberkulose (TBC). Die Ukraine hat eine der höchsten TBC-Inzidenzen in Europa und ist unter den 10 Ländern, in denen weltweit die meisten multi-resistenten Tuberkulose-Fälle bekannt sind.
Die Untersuchung umfasst eine Anamnese und körperliche Untersuchung, einschließlich Blutdruck- und Pulsmessung sowie eine Röntgenuntersuchung der Lunge. Bei Kindern, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben sowie Schwangeren ist von einer Röntgenuntersuchung abzusehen und stattdessen zu diagnostizieren, ob aufgrund anderer Befunde eine Lungentuberkulose zu befürchten ist. Darüber hinaus wird der allgemeine Impfstatus abgefragt. Bei Bedarf sollen fehlende Schutzimpfungen, zum Beispiel gegen COVID-19 oder Masern, angeboten werden.
Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher: „Die Menschen, die vor Putins Angriffskrieg aus der Ukraine fliehen, sollen zuallererst Schutz finden und zur Ruhe kommen können. Wir wissen, dass die Impfquote gegen SARS-CoV-2 in der Ukraine gering ist und dass dort Tuberkulose-Fälle bekannt sind. Zu einer guten Gesundheitsversorgung gehört, dieses Infektionsrisiko nach der Ankunft so weit wie möglich zu minimieren. Ich danke der Landeskrankenhausgesellschaft und allen Krankenhäusern im Land Brandenburg für ihr großes Engagement. Sie alle arbeiten bereits seit Monaten aufgrund der vielen Covid-19-Patienten bei gleichzeitig hohen Personalausfällen am Limit. Die Versorgung der Geflüchteten ist eine zusätzliche Herausforderung, der wir uns stellen. Die Hilfsbereitschaft in allen Teilen der Gesellschaft ist enorm. Dafür danke ich allen Beteiligten von Herzen. Wir haben die humanitäre Verpflichtung, Menschen, die vor solch einem fürchterlichen Angriffskrieg fliehen müssen, zu helfen.“
Michael Jacob, Geschäftsführer der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg: „Für die Krankenhäuser steht es außer Frage, für die leidgeprüften Geflüchteten und hier ganz besonders für die Kinder über die Erstuntersuchung die medizinische Voraussetzung für den Start hier in Brandenburg zu ermöglichen und gleichzeitig sicherzustellen, dass ein größtmöglicher Schutz der Bevölkerung vor möglichen Infektionen gewährleistet ist. Die Krankenhäuser zeigen hier erneut, dass sie trotz der andauernden großen Belastungen durch die Corona-Pandemie bereit und in der Lage sind, mit pragmatischen Lösungen Verantwortung zu übernehmen.“
Neben dem Angebot an den Kliniken kann die freiwillige medizinische Erstuntersuchung grundsätzlich auch durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte durchgeführt, dokumentiert und über das Regelsystem abgerechnet werden. Ebenso können Arztpraxen dazu von den Gesundheitsämtern beauftragt bzw. vertraglich gebunden werden.
Klarstellung: Die medizinische Erstuntersuchung in den Krankenhäusern hat weder etwas mit der Untersuchung zur Kita-Tauglichkeit noch mit der Schuleingangsuntersuchung oder Schulquereinsteigeruntersuchung zu tun. Gesetzlich verpflichtend ist dafür nur der Nachweis eines Masernimpfschutzes. Grundsätzlich gilt für alle Kinder und Jugendlichen sowie Beschäftigte gleichermaßen: Personen, die an einer im § 34 Infektionsschutzgesetz genannten Krankheit (zum Beispiel Cholera, Keuchhusten, Lungentuberkulose, Masern, Röteln oder Windpocken) erkrankt sind oder ein darauf Verdacht besteht, dürfen in Kitas und Schulen nicht betreut werden bzw. arbeiten, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist.
Hintergrund
Die EU-Staaten hatten am 3. März 2022 beschlossen, die Massenzustrom-Richtlinie zu aktivieren und damit Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ohne Asylverfahren unkompliziert aufzunehmen. Damit erhalten sie in Deutschland vorübergehenden Schutz nach § 24 Aufenthaltsgesetz. Sie müssen also keinen Asylantrag stellen, um staatliche Unterstützungsleistungen zu erhalten.
Erstuntersuchung: Wenn Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine keine private Unterkunftsmöglichkeit haben, müssen sie sich in Brandenburg grundsätzlich zuerst in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZABH) in Eisenhüttenstadt melden. Nach § 62 Asylgesetz gilt in Deutschland: Ausländer, die in einer Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen haben, sind zu einer ärztlichen Untersuchung auf übertragbare Krankheiten einschließlich einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane verpflichtet. Das betrifft Geflüchtete, die in der ZABH oder in einer kommunalen Gemeinschaftsunterkunft untergebracht werden. In Brandenburg erfolgt diese Erstuntersuchung im Auftrag des Gesundheitsministeriums in Krankenhäusern.
Schuleingangsuntersuchung: Die Schuleingangsuntersuchung ist eine Pflichtuntersuchung nach dem Brandenburgischen Schulgesetz zur Feststellung der Schulfähigkeit. Ziel ist die Einschätzung des Gesundheits- und Entwicklungszustandes eines Kindes. Die Schuleingangsuntersuchung ist in Brandenburg eine gesetzliche Aufgabe der kommunalen Gesundheitsämter. Schuleingangsuntersuchungen sind in Brandenburg u.a. für Kinder verpflichtend, die bis zum 30.09. des laufenden Jahres das 6. Lebensjahr beendet haben, die im Vorjahr vom Schulbesuch zurückgestellt wurden bzw. die vorzeitig die Schule besuchen möchten. Kinder, die bereits in der Ukraine eingeschult wurden, brauchen in Brandenburg keine Schuleingangsuntersuchung, um hier in die Schule zu gehen sondern eine Schulquereinsteigeruntersuchung (SchulG). Diese kann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Der Nachweis über einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern muss in jedem Fall vorliegen.
Kita-Tauglichkeit: Nach § 11a Kindertagesstättengesetz muss in Brandenburg jedes Kind, bevor es erstmalig in einer Kita aufgenommen wird, ärztlich untersucht werden. Diese Aufnahmeuntersuchung führen in der Regel die behandelnden Kinderärzte durch. Kinder, die bereits in der Ukraine in einer Kita betreut wurden, brauchen in Brandenburg keine Untersuchung zur Kita-Tauglichkeit. Der Nachweis über einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern muss in jedem Fall vorliegen.
Grundsätzlich gilt für alle: Kinder und Jugendliche, die an einer in § 34 Absatz 1 bis 3 Infektionsschutzgesetz genannten Krankheit leiden oder einer solchen Erkrankung verdächtig sind, dürfen in Kitas und Schulen nicht betreut werden.
Liste der teilnehmenden Kliniken:
Standort/e |
Einrichtung |
Bad Belzig |
Klinik Ernst von Bergmann Bad Belzig gGmbH |
Bad Saarow |
HELIOS Klinikum Bad Saarow |
Beeskow |
Oder-Spree Krankenhaus |
Bernau |
Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg |
Brandenburg |
Städtisches Klinikum Brandenburg |
Cottbus |
Carl-Thiem-Klinikum Cottbus |
Eberswalde |
Klinikum Barnim Werner Forßmann Krankenhaus |
Eberswalde |
Martin Gropius Krankenhaus |
Eisenhüttenstadt |
Städtisches Krankenhaus Eisenhüttenstadt |
Elsterwerda / Finsterwalde / Herzberg |
Elbe-Elster-Klinikum GmbH |
Frankfurt (Oder) |
Klinikum Frankfurt (Oder) |
Gransee |
Oberhavel Klinik - Standort Gransee |
Kyritz / Pritzwalk / Wittstock |
KMG Klinikum Mitte GmbH |
Lübben / Königs Wusterhausen |
Klinikum Dahme-Spreewald |
Luckenwalde |
KMG Klinikum Luckenwalde |
Nauen / Rathenow |
Havelland Kliniken |
Neuruppin |
Ruppiner Kliniken |
Oranienburg/Hennigsdorf |
Oberhavel Kliniken |
Perleberg |
Kreiskrankenhaus Prignitz |
Potsdam |
Klinikum Ernst von Bergmann |
Prenzlau |
Kreiskrankenhaus Prenzlau |
Rüdersdorf |
Immanuel Klinik Rüdersdorf |
Schwedt (Oder) |
ASKLEPIOS Klinikum Uckermark |
Senftenberg / Lauchhammer |
Sana Kliniken |
Seelow |
Krankenhaus Seelow |
Strausberg / Wriezen |
Krankenhaus Märkisch-Oderland |
Templin |
Sana Krankenhaus Templin |
Treuenbrietzen |
Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen |
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